
Was ist mein Unternehmen wert?
Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten. Weil sie subjektiv und je nach Anlass unterschiedlich berechnet wird. Der Wert eines Unternehmens kann je nach Käufer durchaus ein anderer sein.
Der Kaufpreis dagegen ist ein Kompromiss zwischen den Vorstellungen des Verkäufers und des Käufers und immer eindeutig.
Auf dieser Seite erhalten Sie in 15 Minuten einen Überblick über die wichtigsten Methoden der Berechnung und die wertbeeinflussenden Faktoren.
1. Nehmen sie die Perspektive des Käufers ein
Wenn Sie ihr Unternehmen bestmöglich verkaufen wollen, sollten Sie sich vorstellen, was ein potentieller Käufer oder Investor vernünftigerweise zahlen würde für ihr Unternehmen.
Typischerweise zahlen verschiedene Käufergruppen Auf- oder Abschläge auf den “fairen Wert” oder “objektivierten Unternehmenswert”, im Diagramm einfach Ertragswert.
Der Ertragswert wird beispielsweise festgestellt wird in gerichtlichen Entscheidungen im Aktien‑, Gesellschafts- oder Familienrecht. Der festzulegende Wert darf dabei nicht durch Interesse, Synergien, Risikofreudigkeit oder steuerliche Gegebenheiten beeinflusst werden.
Es kommt lediglich auf die zukünftige Rendite oder Einkommensmaximierung des Käufers oder Investors an. Beim objektivierten Unternehmenswert hängt es davon ab, wie ein von rein finanziellen Interessen geleiteter Käufer das Risiko und die Chancen der Investition ein bestimmtes Unternehmen einschätzt.
Welches sind die alternativen Anlagemöglichkeiten?
Um den Wert für den Käufer zu ermitteln, wird der Zukunftserfolgswert des Unternehmens verglichen mit anderen Investitionsmöglichkeiten wie zum Beispiel Anleihen, den Aktienmarkt oder in ein anderes Unternehmen.
Wenn der Käufer bei einer Investition von 1 Mio. € in Bundesanleihen pro Jahr risikolos 27.500 € Rendite oder bei Investition in ein Markportfolio pro Jahre 54.000 € risikoarm verdienen kann, wieviel Rendite würde er vernünftigerweise erwarten bei einer Investition von 1 Mio. € in Ihr Unternehmen?
100.000 €?
2. Ermitteln Sie den Zukunftserfolgswert
Zukunftserfolgswert — ein fürchterlicher betriebswirtschaftlicher Ausdruck, der einfach nur besagt: Der Wert eines Unternehmens oder einer Investition wird durch die zukünftigen finanziellen Überschüsse bestimmt, die den Eigenkapitalgebern oder den Eigentümern zustehen.
Dazu bedarf es zunächst einer Planungsrechnung. Hier werden die erwarteten Finanzdaten (Umsätze, Kosten, Ertrag) für die kommenden Jahre aufgestellt.
Die zukünftigen Ergebnisse werden abgezinst, gemäß dem Motto “der spätere Euro ist weniger Wert als frühere Euro”.
Wenn Sie einer Bank 100.000 € geben, haben Sie bei einem Zinssatz von 3,75 % nächstes Jahr 103.750 €. Der Preis für einen Euro im nächsten Jahr ist heute also 0,974 €. Nach diesem Prinzip werden die zukünftigen Erträge zum Stichtag der Bewertung abgezinst und addiert.
Beispiel
Erzielt Ihr Unternehmen pro Jahr einen sicheren Ertrag von 375.000 €, werden die zukünftigen Erträge wie in der Tabelle dargestellt diskontiert und addiert.
Zeitpunkt | nächstes Jahr | übernächstes Jahr | achtes Jahr |
Ertrag | 375.000 € | 375.000 € | 375.000 € |
Heutiger Wert Zinssatz 2,5 % | 361.446 € | 348.381 € | 307.780 € |
Zur Berechnung in einem beliebigen Jahr dividieren Sie einfach den erwarteten Ertrag im Jahr x durch (1 plus Zinssatz) hoch x. Für das achte Jahr also 375.000 ÷ 1,0258.
Wie sich leicht erkennen lässt, wird der heutige Wert der erwarteten Zukunftserfolge immer kleiner.
Die 375.000 €, die 20 Jahre später kommen — sind heute nur 179.585 € wert.
Bei großen, börsennotierten Unternehmen wird von einer unendlichen Lebensdauer ausgegangen, was in der Realität, insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen eher nicht zu erwarten ist.
Im Fall einer unendlichen Lebensdauer mit sicheren Erträgen von 375.000 € wäre ihr Unternehmen 10.000.000 € wert.
Der risikolose Zinssatz wird durch den Vergleich mit einer sicheren Anlage ermittelt.
Als Vergleichsinvestition in sichere Erträge werden in der Betriebswirtschaft und Rechtsprechung sichere Staatsanleihen mit ausgezeichnetem Bonitätsrating betrachtet, beispielweise Bundesanleihen. Die Rendite 10-jähriger deutscher Bundesanleihen lag Anfang 2025 bei etwa 2,5 %.
3. Bewerten Sie das Risiko
“Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.”
Karl Valentin
Ihre Unternehmensplanung mag zwar fundiert und gut überlegt sein, aber sie ist unsicher, die zukünftigen Erträge unterliegen inneren und äußeren Einflüssen (Markt, Mitarbeiter, Wettbewerb, Lieferanten, Finanzierung), die sie nicht mit Bestimmtheit vorhersagen können.
“Kein Plan übersteht den ersten Kontakt mit der Wirklichkeit.”
Carl von Clausewitz
Was bedeutet das für Ihre Unternehmensbewertung?
Sind die zukünftigen Erträge unsicher, kann das auf zwei verschiedenen Wegen berücksichtigt werden. Es gilt: “der unsichere Euro ist weniger wert als der sichere Euro”.
Aber wieviel weniger?
Reines Ertragswertverfahren
Hier wird dem zu dem risikolosen Zinssatz eine individuelle Risikoprämie addiert. Diese setzt sich zusammen aus dem allgemeinen Marktrisiko und einem unternehmensindividuellen Risikofaktor.
Stellen Sie sich vor, der Käufer oder die Käuferin steht vor der Entscheidung, 1 Mio. € entweder in Ihr Unternehmen oder in ein Aktienportfolio zu investieren. Im Gegensatz zu einer Investition in festverzinsliche Anlagen erwartet der Käufer eine höhe Rendite, da er sich am Marktrisiko beteiligt, beispielsweise bei einem Wirtschaftsabschwung.
Als Vergleichsinvestition in breit gestreutes Portfolio kann ein Indexpapier auf den deutschen Aktienindex verwendet werden. Die durchschnittliche jährlichen Rendite des DAX Performanceindex betrug von Anfang 2015 bis Anfang 2025 etwa 5,4 %, wenn Dividenden reinvestiert wurden.
Das sogenannte allgemeine Marktrisiko von 5,4% wird dann mit unternehmensindividuellen Risikofaktor (Betafaktor) multipliziert.
Beträgt der Betafaktor 3,0 ergibt sich ein Diskontierungszinssatz von 16,2 %. Damit werden Ihre geplanten Erträge jetzt abdiskontiert.
Für das Beispiel mit 375.000 € jährlichem Ertrag ergeben sich jetzt deutlich andere Werte.
Zeitpunkt | nächstes Jahr | übernächstes Jahr | achtes Jahr |
Ertrag | 375.000 € | 375.000 € | 375.000 € |
Heutiger Wert Zinssatz 2,5 % | 361.446 € | 348.381 € | 307.780 € |
Heutiger Wert Zinssatz 16,2% | 322.719 € | 277.728 € | 112.819 € |
Modifiziertes Ertragswertverfahren
Die Anzahl der zu addierenden Jahre wird Ergebnishorizont genannt.
Beim modifizierten Ertragswertverfahren wird der Ergebnishorizont verkürzt, also die Anzahl der zu betrachteten zukünftigen Erträge begrenzt.
Diese Methode wird vom Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) für KMU empfohlen.
IDW Praxishinweis 1/2014 – Besonderheiten bei der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts kleiner und mittelgroßer Unternehmen.
Auch der Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger (BVS) empfiehlt das modifizierte Ertragswertverfahren.
BVS Standard BW1 06–2024 – Bewertung von kleinen und mittleren Unternehmen – KMU.
Der Betrachtungszeitraum kann dabei je nach Einschätzung von bestimmten Abhängigkeiten und Risiken zwischen 1 und 10 Jahren betragen.
In unserem Beispiel mit 375.000 € gleichbleibendem Ertrag und 16,2 % Diskontierung ergibt sich nach 8 Jahren ein Ertragswert von 1.618.401 €.
Jahr | aktueller Wert |
1 | 322.719 € |
2 | 277.728 € |
3 | 239.008 € |
4 | 205.687 € |
5 | 177.011 € |
6 | 152.333 € |
7 | 131.096 € |
8 | 112.819 € |
Ertragswert | 1.618.401 € |
4. Berechnen Sie den Ertrag ohne Steuern und Zinsen
Was genau ist der Ertrag? Versetzen Sie sich in die Lage des Investors, der eine Entscheidung zwischen verschiedenen Unternehmen mit unterschiedlicher Finanzierung und Steuerbeiträgen treffen muss.
Um die Alternativen besser vergleichen zu können, werden Zinsen und Steuern bei der Betrachtung der operativen Ertragskraft nicht berücksichtigt. Verglichen werden die Vorsteuererträge ohne Zinsen, das EBIT (Earnings before Interest and Taxes).
Das EBIT wird außerdem um außerordentliche oder einmalige Aufwendungen und Erträge bereinigt.